Erkrankungen und Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Belastungen (z.B. Burnout und Depressionen) stellen ein immer größer werdendes Problem dar und verursachen hohe Folgekosten. Inzwischen sind Burnout-Syndrom und Depressionen Volkskrankheiten in Deutschland geworden.
Deswegen ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) gerade in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus des Personalmanagements gerückt. Grund hierfür ist in erster Linie der demographische Wandel in der Gesellschaft und damit meist auch ein Anstieg des Altersdurchschnittes, erhöhter Zeitdruck und Fehlzeiten in den Betrieben.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die wichtigsten Ressource eines/Ihres Unternehmens. Deshalb entscheiden sich mehr und mehr Unternehmen dazu, stärker in die Personalpflege zu investieren und ein Betriebliches Gesundheitsmanagement zu implementieren.
Als Teil des modernen Gesundheitsmanagements kann die betriebliche Krankenversicherung einen aktiven Beitrag zur Förderung und zum Schutz der Mitarbeiter leisten, gerade in Zeiten rapiden Wandels.
1. Akzeptanz und Funktion
1.1. Noch weitgehend unbekannt aber steigende Akzeptanz
Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) befindet sich noch in den Kinderschuhen.
Hohes Interesse der Arbeitnehmer
Laut einer Veröffentlichung von Haufe-Personalmagazin im August 2014 stehen betriebliche Krankenversicherungen auf der Wunschliste der Arbeitnehmer bei Zusatzleistungen ganz oben.
Nach einer Studie aus der Reihe „Finanzmarkttrends“ des Marktforschungsinstituts „Heute und Morgen“ halten vier Fünftel (79 Prozent) der 1.000 repräsentativ befragten Arbeitnehmer das Angebot einer betrieblichen Krankenzusatzversicherung grundsätzlich für attraktiv, 40 Prozent sogar in besonders hohem Maß.
Vor die Alternative einer vergleichbaren Gehaltserhöhung gestellt, würde sich jeder dritte Arbeitnehmer für den Abschluss einer bKV entscheiden.
Eine aktuelle Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) zeigt die Begeisterung der Arbeitnehmer für die bKV. Hier sind die 4 wichtigsten Ergebnisse:
1.Personalzusatzleistungen zur Mitarbeitergewinnung werden unterschätzt
Für mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ist die Gewinnung von qualifiziertem Personal die größte personalpolitische Herausforderung.
Das gilt vor allem für Firmen ab 50 Mitarbeiter. Mitarbeiterbindung (41 Prozent) und -motivation (39 Prozent) folgen. Umso verwunderlicher ist es, dass nur 16 Prozent der Unternehmen Personalzusatzleistungen einsetzen, um mehr Fachpersonal anzulocken.
Die meisten Firmen nutzen die Benefits, um Mitarbeiter zu binden (67 Prozent) und zu motivieren (62 Prozent)
2.Personalzusatzleistungen wichtiger als Image – Personalzusatzleistungen wie die bKV sind Arbeitnehmern wichtiger als das Image und wichtiger, als es die Arbeitgeber vermuten.
3.Lieber bKV als Dienstwagen – und günstiger – Für Arbeitnehmer ist die betriebliche Krankenversicherung die drittwichtigste Personalzusatzleistung (nach bAV und VL). Und mit Kosten von 150 Euro pro Jahr je Mitarbeiter ist sie günstiger als der oft angebotene Dienstwagen.
4.bKV senkt Fluktuationsquote – Die bKV wirkt sich positiv auf die Mitarbeiterbindung aus: Die Fluktuationsrate in Unternehmen mit bKV liegt bei 3,4 Prozent und ist damit nur halb so hoch wie im Gesamtdurchschnitt aller befragten deutschen Unternehmen.
Aber noch geringe Nutzung von den Arbeitgebern
Auch Arbeitgeber interessieren sich zunehmend für diese Möglichkeit der Mitarbeiterversorgung und -bindung.
Laut einer Forsa-Umfrage: 75 Prozent der befragten Unternehmer sehen Leistungen wie Krankenzusatzversicherungen als wichtiges Instrument zur Mitarbeiterbindung, 67 Prozent halten sie sogar für das wichtigste Mittel beim Recruiting neuer Mitarbeiter.
Doch weniger als zwei Prozent der Arbeitgeber, so eine Schätzung von Bülow & Consorten aus dem Jahr 2013, stellen ihren Mitarbeitern eine BKV zur Verfügung.
Laut einer aktuellen Studie der Allianz, die vom Personalmagazin in Juni 2016 veröffentlicht wurde, ist die betriebliche Krankenversicherung (bKV) die Zusatzleistung, die von den Arbeitgebern am meisten unterschätzt ist.
1.2. Wie sie funktioniert
1.2.1 Definition und wie sie funktioniert
Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) ist eine Form des arbeitgeberfinanzierten Gesundheitsmanagements.
Der Arbeitgeber schließt für seine Mitarbeiter bei privaten Versicherungsunternehmen eine Krankenzusatzversicherung in Form einer Gruppenversicherung (bKV-Vertrag als Gruppenvertrag).
Meistens handelt es sich um eine arbeitgeberfinanzierte Absicherung der Leistungslücken der gesetzlichen Krankenversicherung, zum Beispiel im Bereich Zahnersatz, Sehhilfen, Heilpraktiker, Vorsorge etc…
Ähnlich wie bei der betrieblichen Altersvorsorge ist der Arbeitgeber der Versicherungsnehmer (VN). Der Arbeitnehmer ist die versicherte Person (VP). So hat der Arbeitnehmer direkten Anspruch auf Leistungen aus dem bKV-Vertrag.
So zahlt der Chef für die Gesundheit seiner Mitarbeiter!
Der Arbeitgeber muss aber das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) berücksichtigen und keine Mitarbeiter benachteiligen.
Deswegen gibt es oft in mittelständischen Unternehmen nur einen Gruppenvertrag für die ganze Belegschaft. In größeren Unternehmen gibt es manchmal verschiedene Verträge für unterschiedliche Gruppen.
Übrigens, eine bKV kann für den Firmeninhaber sowie für alle Angestellten des Unternehmens abgeschlossen werden.
Der Leistungsumfang der Krankenzusatzversicherung kann im Baukastenprinzip vom Unternehmen individuell je nach Bedarf festgelegt werden. Möglich sind beispielsweise Kostenerstattungen bei zahnärztlichen Behandlungen, Chefarztbehandlungen, Vorsorgeuntersuchungen, finanziellen Beteiligungen bei Brillen und Hörgeräten oder bei Tagegeldern oder für Kur- und Krankenhausaufenthalte.
Damit können gesetzlich versicherte Mitarbeiter zum Beispiel regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen oder eine professionelle Zahnreinigung durchführen lassen, Leistungen beim Heilpraktiker und andere zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen, die ihnen sonst nicht zustehen würden oder die sie aus der eigenen Tasche zahlen müssten.
Diese Zusatzleistungen sind ohne Wartezeiten und ohne Gesundheitsprüfung.
Im Leistungsfall setzen sich die Mitarbeiter direkt mit der Versicherung in Verbindung, was den Verwaltungsaufwand des Arbeitgebers drastisch reduziert.
Privat Versicherte Mitarbeiter haben weniger davon. Ihnen steht ein eingeschränktes Produktspektrum zur Verfügung. Das Gleiche gilt für Heilberufe und gewerbliche Berufsbilder.
Trotzdem ist das Thema für diese Zielgruppe auch interessant, weil die bKV gewissen Kosten übernimmt, die sonst von der bestehenden privaten Krankenversicherung (z.B. durch die Selbstbeteiligung) nicht übernommen worden wären.
1.2.2. Steuerliche Behandlung
Bis Ende 2013 konnte der Arbeitgeber auf Grundlage eines BFH Urteils vom 14.4.2011 die betriebliche Krankenversicherung bis zu einer Freigrenze von 44 EURO als steuer- und sozialversicherungsfreie Sachzuwendung gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG verbuchen.
Das Bundesfinanzministerium hat dem Ende 2013 eine Absage erteilt (Schreiben vom 10.10.2013, GZ IV C 5 – S 2334/13/10001). Auch wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer die versicherte Person ist, führe die Beitragszahlung des Arbeitgebers zum Zufluss von Barlohn. Die 44-Euro-Grenze ist damit nicht mehr anzuwenden.
Die Beiträge sind als Betriebsausgaben absetzbar. So regelt es § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG). Vorausgesetzt, Sie sind betrieblich veranlasst. Die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge zur bKV sind eine unentgeltlich gewährte Leistung.
Dieser geldwerte Vorteil ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Beides kann entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber übernehmen.
Es gibt drei mögliche Anwendungsmodelle:
- Modell A: Die Barlohnversteuerung
Der Arbeitnehmer übernimmt die Versteuerung. Der Arbeitnehmer versteuert den geldwerten Vorteil (§ 8
Absatz 2 EStG). Er zahlt die Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteil).
- Modell B: Die Nettolohnversteuerung.
Der Arbeitgeber übernimmt die individuelle Versteuerung. Bei der individuellen Besteuerung gilt der bKV-Beitrag als Nettolohn. Darum rechnet man ihn auf den Bruttolohn hoch.
Der Arbeitgeber trägt die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil). Die Übernahme durch den Arbeitgeber ist ein zusätzlicher geldwerter Vorteil, der versteuert werden muss. Das gilt auch für die Sozialversicherungsbeiträge.
- Modell C: Die Pauschalversteuerung. § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Der Arbeitgeber übernimmt die pauschale Versteuerung. Eine pauschale Versteuerung ist möglich, wenn ein „sonstiger Bezug“ beim Mitarbeiter vorliegt.
Hierfür gelten bestimmte Voraussetzungen:
1. Der Arbeitgeber zahlt die Beiträge zur bKV jährlich.
2. Der Arbeitgeber schließt die bKV für eine größere Anzahl von Mitarbeitern ab.
3. Die Pauschalierung von „sonstigen Bezügen“ ist nur bis zu 1.000,00 Euro je Mitarbeiter und Kalenderjahr möglich.
Der pauschale Steuersatz errechnet sich auf der Basis der Arbeitslöhne und Steuerklassen des einzelnen Arbeitnehmers.
Das zuständige Finanzamt ermittelt auf Antrag des Arbeitgebers den für das Unternehmen gültigen pauschalen Steuersatz. Dort können Sie auch als Arbeitgeber die pauschale Versteuerung beantragen. Einzelheiten hierzu finden Sie in den Lohnsteuer- Richtlinien (40.1 Abs. 3 LStR 2011). Die mit dem Pauschalsteuersatz versteuerten Bezüge sind (anders als bei festen Pauschalsteuersätzen) grundsätzlich sozialversicherungspflichtig.
Angenommen, die sonstigen Bezüge sind beitragspflichtig. Und der Arbeitgeber übernimmt die Arbeitnehmerbeiträge. Dann handelt es sich um einen geldwerten Vorteil. Dieser wird bei der Berechnung des besonderen pauschalen Steuersatzes berücksichtigt. Er erhöht den lohnsteuerpflichtigen Bezug.
2. Nutzen/Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
2.1. Nutzen/Vorteile für Arbeitgeber
- sinnvolle Alternative/Ergänzung zur Gehaltserhöhung
- erleichtert Mitarbeitergewinnung und –bindung im internationalen Wettbewerb
- Imagegewinn
- bKV steigert Attraktivität – Arbeitgeber mit einer betrieblichen Krankenversicherung werden von Ihren Mitarbeitern deutlich häufiger weiterempfohlen. Somit erhöhen Sie mit der bKV die Attraktivität Ihres Unternehmens beim Personalrecruiting
- Familienfreundlicher Arbeitgeber
- bKV senkt Fluktuationsquote
- unterstützt Reduktion von Fehlzeiten
- fördert Gesunderhaltung und Prävention in der Belegschaft
- integriert ältere Mitarbeiter
- Der Leistungsumfang des Versicherungsschutzes wird individuell an das Unternehmen angepasst
- bKV hilft dem Image des Unternehmens im Auge der Mitarbeiter
- Versicherungsschutz ohne Gesundheitsprüfung und ohne Wartezeiten bedeutet: die Mitarbeiter profitieren sofort
- Geringer Verwaltungsaufwand für den Arbeitgeber – Im Leistungsfall setzen sich die Mitarbeiter direkt mit der Versicherung in Verbindung
- Aufwände als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar
2.2. Nutzen/Vorteile für Arbeitnehmer
- höherwertiger Versicherungsschutz
- Ehegatten sowie Kinder der Mitarbeiter können privat – teilweise mit vereinfachter Gesundheitsprüfung – den gleichen Tarif sichern
- Ersparnis gegenüber Individualtarifen
- altersunabhängiger Versicherungsschutz ohne Gesundheitsprüfung
- Sofortschutz ohne Wartezeiten
- Beitragszahlung durch den Arbeitgeber
- Bei Arbeitgeberwechsel kann der Vertrag privat ohne Gesundheitsprüfung weitergeführt werden
FAZIT: Die betriebliche Krankenversicherung ist ein wichtiger Teil der Personalpolitik und eine WIN-WIN-Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
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