Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist am 01.01.2018 in Kraft getreten.
Sein Ziel ist es, die betriebliche Altersversorgung (bAV) für Arbeitgeber und Arbeitnehmer attraktiver zu machen – vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs).
Darüber hinaus soll es den Anreiz zur Eigenvorsorge für Beschäftigte mit geringem Einkommen verbessern.
Meinen Sie, dass das Gesetz diese Ziele erfüllt? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns das BRSG näher an.
Auf Anhieb stellen Sie sich vielleicht folgende Frage:
1. Warum dieses neue Gesetz?
1.1. Was denken die Mitarbeiter über die bAV in ihrem Unternehmen?
Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson von 2015/2016 finden es 83 % der Arbeitnehmer wichtig, dass der Arbeitgeber eine aktive Rolle bei der Vorbereitung einer Altersversorgung spielt.
In einer Studie 2016 von PwC kam heraus, dass 21% aller Befragten und immerhin 28% der Akademiker angaben, das Angebot einer betrieblichen Altersversorgung sei ein wichtiger Grund gewesen, warum sie sich für ihren derzeitigen Arbeitgeber entschieden hatten.
Für 41 Prozent ist die betriebliche Altersversorgung ein wichtiger Grund, um ihrem Arbeitgeber treu zu bleiben.
Schlussfolgerung für die Unternehmen:
In Zeiten von Fachkräftemangel und „war for talents“ ist es deshalb gerade für Unternehmen im Mittelstand unverzichtbar geworden, ein wettbewerbsfähiges Vergütungsmodell inklusive einer attraktiven Betriebsrente anzubieten, um die Fachkräfte von heute und morgen zu gewinnen und zu halten.
1.2. Wie sieht es aus in der heutigen bAV-Realität?
In vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen sieht die bAV-Realität leider ganz anders aus und kann diese Erwartungen gar nicht erfüllen.
Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen sind mit folgender Situation konfrontiert:
- 36% haben noch keine bAV im Unternehmen implementiert,
obwohl seit 2002 Arbeitnehmer im Rahmen des sogenannten „Anspruchs auf Gehaltsumwandlung“ von ihrem Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung verlangen können, wenn sie bereit sind, dafür auf einen begrenzten Teil ihres Gehaltes zu verzichten.
Die geringe Verbreitung der bAV in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist durch eine Studie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Stand Juli 2014 auch bestätigt worden.
Deswegen ist dieses neue Gesetz von der großen Koalition initiiert, am 07.07.2017 verabschiedet und ab dem 01.01.2018 in Kraft getreten.
Würden Sie gerne wissen, ob dieses Gesetz KMUs und ihren Mitarbeitern tatsächlich Vorteile bringt oder nicht.
2. Bringt das BRSG KMUs wirkliche Vorteile?
Um eine fundierte Antwort darüber zu geben, lohnt es sich dafür, erstmals die Kernpunkte dieses Gesetzes anzuschauen.
2.1. Kernpunkte des BRSG
2.1.1. Erhöhung des steuerlichen Förderrahmen von 4% auf 8% der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) BBG-West = € 78.000 in 2018)
Für 2018: € 6.240 jährlich bzw. € 520,00 monatlich.
Der bisherige Erhöhungsbetrag von 1.800 Euro entfällt.
Nur tatsächlich gezahlte pauschalbesteuerte Beiträge nach § 40 b EStG a.F. sowie der neue Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung werden in den Förderrahmen eingerechnet.
Sozialversicherungsfrei sind jedoch weiterhin nur 4% der BBG.
Diese Regelung gilt sowohl für neue als auch für bestehende Verträge der Direktversicherung, der Pensionskasse und des Pensionsfonds.
Mehr über Direktversicherung auf Seiten 12 & 13, über Pensionskasse auf Seiten 14 & 15, über Pensionsfonds auf Seite 16 & 17 unter:
Ausblick:
Die Erhöhung des Förderrahmens ist besonders interessant für Fach- und Führungskräfte mit höherem Einkommen und damit höherem Versorgungsbedarf.
Dadurch erhalten Arbeitgeber wie Sie mehr Gestaltungsspielraum bei der Versorgung Ihrer Mitarbeiter.
2.1.2. bAV-Förderbetrag für Geringverdiener: Gezielte Förderung von Arbeitnehmern mit einem Monatseinkommen bis 2.200 EUR
Mit dieser neuen Regelung erhalten Sie als Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 30%, falls Sie einen Arbeitgeberzuschuss von 240 bis 480 Euro im Jahr in die betriebliche Altersvorsorge ihrer Geringverdiener einzahlen.
30 Prozent des Beitrags können Sie über die Lohnsteuerverrechnung direkt einbehalten bzw. werden Ihnen vom Finanzamt zurückerstattet. Dies gilt für neu gezahlte Arbeitgeberbeiträge ab 2018 und zusätzlich zu den aktuellen Förderungen.
Ausblick:
Mitarbeiterbindung wird hier staatlich gefördert. Für Sie als Arbeitgeber ist es eine Chance, den Förderbetrag zu nutzen und dadurch Geringverdiener stärker zu binden. Als Arbeitgeber überprüfen Sie bitte bestehende Betriebsvereinbarungen – auch Teilzeitkräfte können einbezogen werden.
2.1.3. 15% Pflicht-Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung: Weitergabe der Sozialversicherungs-Ersparnis
Der Arbeitgeber zahlt ab 2019 immer höchstens 15 Prozent Arbeitgeberzuschuss auf den Beitrag zur Entgeltumwandlung, sofern er Sozialversicherungsbeiträge spart.
Dies gilt für neue Entgeltumwandlungsvereinbarungen der Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ab dem 1. Januar 2019 sowie für bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen ab dem 1. Januar 2022.
Ausblick:
Wie bereits in der Willis Towers Watson von 2015/2016 erwähnt, handelt es sich beim Zuschuss um ein wichtiges Argument für Arbeitnehmer, denn der Arbeitgeber dabei eine aktive Rolle bei der Vorbereitung einer bAV übernimmt:
- Durch den Zuschuss rechnet sich die bAV künftig noch mehr.
- Für Arbeitgeber gilt: Überprüfen Sie bestehende Regelungen der Arbeitgeberzuschüsse, um Doppelansprüche zu vermeiden.
2.1.4. Erhöhung der Grundzulage und Verbesserungen bei Riester-bAV
Die Grundzulage für jeden Vertrag steigt von 154 EUR auf 175 EUR.
Kinderzulagen bleiben unverändert bei 180 EUR (geboren vor 2008) bzw. 300 EUR (geboren ab 2008), je nach Geburtsjahr.
Die doppelte Beitragspflicht in der Krankenversicherung während der Anspar- und Leistungsphase bei Riester-bAV entfällt. Leistungen aus Riester-bAV-Verträgen gelten zukünftig nicht mehr als Versorgungsbezüge und sind grundsätzlich nicht mehr sozialversicherungsbeitragspflichtig.
Mehr darüber im folgenden Beitrag des Bundesfinanzministeriums:
Riester-Rente wird noch attraktiver
Für Riester gibt es keinen Arbeitgeberzuschuss.
Ausblick:
Riester –bAV kann jetzt für gewisse Zielgruppen sinnvoll geworden sein.
Eine individuelle Beratung ist dafür notwendig.
Wir bleiben trotzdem der Meinung, dass Riester zu einer privaten Maßnahme gehört.
2.1.5. Neuer Freibetrag für Altersvorsorge bei der Grundsicherung
Durch den neuen Freibetrag von bis zu 204,50 EUR für eine zusätzliche Altersvorsorge wie z.B. eine bAV wird diese weniger auf die Grundsicherung im Alter angerechnet.
Eine bAV wird für Mitarbeiter, insbesondere mit geringem Einkommen, attraktiver und sie erhalten mehr von ihrer zusätzlichen Vorsorge.
Ausblick:
Wichtiges Argument für Arbeitnehmer – die bAV rechnet sich künftig noch mehr. Vorsorgen lohnt sich – für jeden!
2.1.6. Abfindungen können steuerfrei für Altersvorsorge eingesetzt werden
Es wird attraktiver, eine Abfindung des Arbeitgebers bei Ausscheiden des Mitarbeiters steuerfrei in eine bAV-Anwartschaft zu investieren (im Rahmen der sogenannten Vervielfältigungsregelung).
Für max. zehn Berufsjahre können bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze steuerfrei eingezahlt werden – 2018 liegt der Höchstbetrag, mit aktueller BBG-West gerechnet, bei 30.480 EUR und damit fast doppelt so hoch wie zuvor. Die Berechnungsregel wurde außerdem deutlich vereinfacht.
Ausblick:
Mehr Gestaltungsspielräume für den Aufbau einer bAV-Anwartschaft beim Ausscheiden von Mitarbeitern.
2.1.7. Sozialpartnermodell für Tarifvertragsparteien – Stärkung tarifvertraglicher Regelungen
Künftig kann durch Tarifvertragsparteien eine neue Zusageart in Form einer reinen Beitragszusage vereinbart werden. Dabei verspricht der Arbeitgeber lediglich einen Beitrag zugunsten einer im Tarifvertrag vorgesehenen Einrichtung (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds). Zulässig sind nur Rentenleistungen (keine Kapitalleistungen).
Wichtig: Die Beitragszusage ist nur im Rahmen von tarifvertraglichen Regelungen möglich, d.h. Tarifvertragsparteien können eine solche Zusage vereinbaren. Dann können tarifgebundene Arbeitgeber teilnehmen oder tarifungebundene Arbeitgeber die Anwendung von einschlägigen Tarifverträgen vereinbaren.
Damit auch verbunden ist das automatisierte Aufnahmeverfahren in die bAV (Opting-out).
Ausblick:
- Zulässig sind nur Rentenleistungen (keine Kapitalleistungen).
- Statt einer garantierten Rente wird eine Zielrente avisiert. Es gibt keine Garantieleistungen mehr. (Garantieverbot).
- Laufende Renten müssen sinken, wenn der Kapitaldeckungsgrad nicht ausreicht. Dann soll ein zusätzlicher „Sicherungsbeitrag“ des Arbeitgebers vereinbart werden und als „Puffer“ dienen.
- Vorteil für den Arbeitgeber: er hat über die Beitragszahlung hinaus keine weiteren Verpflichtungen.
- Es bleibt abzuwarten, welche Tarifverträge zukünftig die neue Möglichkeit der Beitragszusage tatsächlich vorsehen und wie die Regelungen im Einzelnen gestaltet sein werden.
- Es bleibt auch abzuwarten, welche KMUs sich für das Sozialpartnermodell überhaupt entscheiden werden.
2.2. Das BRSG bringt KMUs wertvolle Vorteile
- Der Pflicht-Arbeitgeberzuschuss ist eine Chance für Arbeitgeber, mehr für ihre Mitarbeiter zu tun.
Mitarbeiter geben den Arbeitgeberzuschuss als wichtigsten Faktor für ihre Akzeptanz der bAV und der Gehaltsumwandlung. Er ist der Garant für eine hohe Durchdringung bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV).
- Die Erhöhung des Förderrahmens von 4% auf 8% der BBG öffnet neue Möglichkeiten auch für neue Zielgruppen
Gedacht sind Gründer von Start-ups und Gesellschafter-Geschäftsführer von jungen Unternehmen, die dadurch die Möglichkeit haben, ohne die Probezeit berücksichtigen zu müssen, in entsprechender Höhe in Altersvorsorge zu investieren.
Fazit
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz birgt in sich ein paar gute Punkte, die kleinen und mittelständischen Unternehmen helfen sollten, eine höhere Akzeptanz der Mitarbeiter bzw. eine bessere Durchdringungsquote bei der bAV zu erreichen, obwohl es mit Sicherheit nicht zu einer Vereinfachung dieser komplexen Materie.
Inzwischen hat Axel Börsch-Supan, Mitglied der Rentenkommission, die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48% in der gesetzlichen Rentenversicherung als „unbezahlbar“ deklariert.
Siehe den folgenden Beitrag im Portal Sozialpolitik:
„Ein stabiles Rentenniveau? – „Unbezahlbar“
Dann lohnt sich jetzt die betriebliche Altersvorsorge (bAV) mehr denn je für alle Mitarbeiter, insbesondere für Zielgruppen, die bisher wenig Sinn in eine Betriebsrente gesehen hatten.
Eine letzte Bitte…
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